BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

KV Odenwald-Kraichgau

Neujahrsempfang des KV Odenwald-Kraichgau

Maßnahmen zur Klimaanpassung, wie lange trägt das Netz noch?

Klima- und Biodiversitätskrise warten nicht

Zu Beginn des Vortrags berichtet Harald Ebner über aktuelle Krisen, man hätte manchmal das Gefühl in einem ständigen Krisenmodus zu sein, Ukrainekrieg jetzt der Konflikt in Israel und weitere. Es sei verständlich, dass alle diese Krisen und auch schon länger bestehende wie die Klimakrise und die Biodiversitätskrise von den Menschen auch emotional verarbeitet werden müssen. 

Die Biodiversitätskrise wartet allerdings nicht, macht der Abgeordnete deutlich und bedauert, dass das EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur auf EU-Ebene vorerst an der konservativen EVP gescheitert ist. Er fordert, Klimaschutz, Klimaanpassung und Artenschutz zusammenzudenken. 

Harald Ebner führt aus: Die Artenvielfalt bildet ein Netz, das uns trägt. Sechs der neun planetaren Grenzen sind schon überschritten, dazu gehören Chemieeinträge, schwindende Frischwasserreserven, das größte Artensterben seit es die Menschheit gibt und nicht zuletzt die Klimakrise, die auch viele Arten bedroht. „Wir sind es, die auf dem Netz stehen – und mit jedem Knoten wird das Netz brüchiger und werden die Lücken größer.“ 

Mit dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutzsollen die natürlichen Systeme gestärkt werden. Über Jahrtausende wurde Kohlenstoff in mächtigen Torfschichten gespeichert. Werden Moore entwässert, wird der gebundene Kohlenstoff auf einen Schlag freigesetzt. Auch Meere und Wälder können große Mengen CO2 aufnehmen und als Kohlenstoff langfristig speichern.

Wichtig für den Wasserhaushalt im Wald sind ein reiches Bodenleben und die Wahl der Baumarten. So finde unter Douglasien viel weniger Grundwasserneubildung statt als unter Buchen.

Im Zuge der nationalen Wasserstrategie geht es auch um regionale Versorgungskonzepte. Bei knapper werdenden Trinkwasserreserven muss geklärt werden, wer welche Entnahmerechte hat und wie die Trinkwasserversorgung gesichert werden kann. Und auch, wie mehr Fläche für Versickerung zur Verfügung gestellt werden kann, damit nicht alles buchstäblich den Bach runter läuft. 

Auch für nachhaltige Landwirtschaft ist ein vielfältiges Bodenleben unverzichtbar. Auf den Feldern werfen Bäume und Hecken Schatten, bremsen den Wind und erschließen mit ihren tieferen Wurzeln Wasser und Nährstoffe. Aber auch eine abwechslungsreiche Fruchtfolge wirkt Austrocknung entgegen. Vermehrt werden zudem trockenresistente Sorten wie Soja, Hirse, Linsen und Kichererbsen angebaut.

Als Beispiel für Selbsthilfe berichtet der Abgeordnete von Wein-Bauern, die gemeinsam ein Wasserbecken gebaut haben und ihre Felder im Tröpfchenverfahren sparsam bewässern. 

Ein wichtiges Thema für den Klimaschutz sind auch Gebäudesanierungen – viele Gemeinden warten auf Förderzusagen. 

Mit dem neuen Klimaanpassungsgesetz wird erstmals die Anpassung an die Folgen der Klimakrise als staatliche Aufgabe und Teil der Daseinsvorsorge im Bundesrecht verankert. Bund, Länder und Kommunen werden verpflichtet, eine Klimarisikoanalyse zu machen und Anpassungsstrategien zu entwickeln. 

In der Diskussion mit den Kommunalpolitiker*innen vor Ort ist der Flächenverbrauch ein großes Thema. „Unternehmen müssen immer Wachstum erzielen, das ist ein Grundproblem, auf das noch niemand eine Antwort gefunden hat“, sagt der Politiker. Die Regionalplanung habe bisher nur dazu geführt, dass es länger dauert.

Als einen möglichen Ansatz nennt er einen Handel mit Flächenzertifikaten, vergleichbar mit Emissionszertifikaten. 

Mit Blick auf die schwierige Haushaltslage nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts fordert der Politiker die Opposition zu einer konstruktiven Haltung auf. „Wir brauchen eine intelligentere Schuldenbremse, die Zukunftsinvestitionen ermöglicht.“

Verschiedene weitere Fragen aus dem Publikum auch zu aktuellen Themen im Bundestag wie den Haushaltsplanungen 2023 und 2024 wurden gestellt.

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Jahreshauptversammlung 2023: Neue Gesichter im Vorstand, Kreisverband ist gut aufgestellt

Gute Stimmung herrschte bei der Jahreshauptversammlung (JHV) des Kreisverbands Odenwald-Kraichgau von Bündnis 90/Die Grünen in Meckesheim, zu der sich viele Mitglieder und Interessierte eingefunden hatten.

Petra Groesser berichtete im Rechenschaftsbericht des Kreisvorstands über die zahlreichen Aktivitäten und Veranstaltungen des Kreisverbands seit der letzten JHV.

Sie nannte die Veranstaltung mit Staatssekretär Dr. Andre Baumann MdL und Hermino Katzenstein MdL im November 2022 zum Thema Windkraft und den gut besuchten Neujahrsempfang mit Reinhard Bütikofer MdEP und Beate Müller-Gemmeke MdB Anfang Februar.

Auf großes Interesse stieß auch die Veranstaltung mit Staatssekretärin Dr. Franziska Brantner MdB und weiteren Podiumsgästen am 5. Mai 2023 zu erneuerbaren Energien.

Im Rahmen einer spannenden und emotionalen Gesprächsrunde mit dem Europaabgeordneten Romeo Franz am 12. Mai 2023 in Spechbach nahm sich der Kreisverband den wichtigen und aktuellen Themen Rassismus und Integration am Beispiel der Situation der Sinti und Roma an.

Darüber hinaus gab es Treffen der thematischen Arbeitskreise und weitere Aktivitäten, Veranstaltungen und Initiativen des Kreisverbands. Mit den Ortsverbänden und den Abgeordneten im Kreisverband Hermino Katzenstein und Norbert Knopf wurde ein intensiver Austausch gepflegt.

Kreisschatzmeisterin Petra Groesser präsentierte den Kassenbericht, der für 2022 ein gutes finanzielles Polster ausweist. Dieses werde für kommende Wahlen auch benötigt, verdeutlichte sie.

Vorstand und Schatzmeisterin wurden einstimmig entlastet.

Im Folgenden stand turnusgemäß die Wahl des Kreisvorstands auf der Tagesordnung. Gewählt wurden Jutta Münch, Gabi Schmitz und Patrick Berberich sowie die bisherigen Vorstandsmitglieder Sabine Hebbelmann, Kai Jacob, Rolf Kazmaier und Nico Tremmel.

Petra Groesser wurde als  Kreisschatzmeisterin einstimmig  in ihrem Amt bestätigt.

Laut Satzung des Kreisverbandes sind die Mitglieder des Vorstands gleichberechtigt.

Im Anschluss klang der Abend beim traditionellen Grünen Sommerfest mit vielen Gesprächen, leckerem Essen mit Getränken und guter Laune aus.  

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Mehr Tempo für die Energiewende: Wie geht es weiter im Bund und in der Region?

Bei der gut besuchten Podiumsdiskussion mit Franziska Brantner kamen viele Fragen und Anregungen zur Sprache

Das Thema Energiewende betrifft in besonderer Weise auch private Haushalte und Unternehmen. Als Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium ist die Heidelberger Bundestagabgeordnete Franziska Brantner ganz nah an den aktuell heiß diskutierten Themen dran. Und so wunderte es nicht, dass bei der Veranstaltung ‚Mehr Tempo für die Energiewende: Wie geht es weiter im Bund und in der Region?‘ das Martin-Luther-Haus in Neckargemünd rappelvoll wurde.

Eingeladen hatten der Kreisverband Odenwald Kraichgau von BÜNDNIS 90/ Die GRÜNEN und der Ortsverband Neckargemünd. Neben Franziska Brantner saßen auch Eva Rausch, Mitinhaberin eines Rauenberger Unternehmens für Gebäudetechnik, der Stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Bürgerenergiegenossenschaft Kraichgau Florian Oeß sowie Umweltphysikerin Amany von Oehsen auf dem Podium.

Als Moderator lockte Stefan Geißler, Kreisrat und Vorsitzender des Ortsverbandes Neckargemünd, die Podiumsgäste aus der Reserve und sorgte für einen lebhaften Austausch.

Mit „Franziska, wie geht es Dir?“ begrüßte er Staatssekretärin Franziska Brantner, die angesichts der aktuellen Herausforderungen den Ball aufnahm: „Es ist schon sehr viel im Augenblick“, räumte sie ein und lenkte den Blick auf ein Thema, das medial bisher nicht diskutiert wurde. „Wir haben viel Zeit mit der Digitalisierung der Energiewende verbracht und sehen, welchen Unterschied es macht“, sagte sie.

Ihr überfordert die kleinen Leute, sagten die einen, die anderen, es passiere noch nicht genug, so Geißler. Die Staatssekretärin verwies auf Übergangsfristen und sagte, man wolle niemanden zurücklassen und zeigen, dass Wohlstand und Klimaschutz zusammengehen.

Der Kreisrat sprach das schlechte Abschneiden Baden-Württembergs und insbesondere der Region beim Ausbau der Erneuerbaren Energien an, worauf Brantner auf die Vorreiter-Rolle in einer anderen „Disziplin“ verwies: „Bis Ende des Jahres müssen die großen Kommunen eine Wärmeplanung machen. Wir sind das erste Land, das erkannt hat, dass wir eine Wärmewende brauchen.“

Geißler wandte sich nun Eva Rausch zu und fragte sie nach der Stimmung in der Kundschaft. „Es gibt ganz viele, die wollen umstellen, aber rund ein Drittel fragt, wo kriege ich noch eine Ölheizung her“, berichtete sie. Auf die Frage, was sie der Staatssekretärin gern mitgeben würde, äußerte die Praktikerin: „Ich würde mir stressfreiere Anmeldungen von Anlagen wünschen. Im Umkreis von 50 Kilometern gibt es bis zu sieben Netzbetreiber. Da müssen noch Papierausdrucke händisch unterzeichnet und per Mail verschickt werden. Es wäre schön, wenn das einheitlich liefe.“

Zu den über 900 Netzbetreibern zählten vor allem kommunale Stadtwerke. „Das ist eine große Stärke. Aber hier sieht man auch die Grenzen des Föderalismus“, sagte Brantner und versicherte: „Wir versuchen, eine gemeinsame Plattform zu eröffnen.“

Angesichts des Mangels an Fachkräften wünschte sich Rausch eine leichtere Anerkennung gleichwertiger Abschlüsse aus dem Ausland. „Wenn von zehn Punkten zwei fehlen, sollten sie nachgeholt werden können und nicht die ganze Ausbildung von vorn begonnen werden müssen.“

Stefan Geißler berichtete, dass die Unternehmerin und er versuchten, im Kreis dem Fachkräftemangel im Photovoltaik-Bereich mit einer Fortbildung zu begegnen. Grundsätzlich gebe es für Elektrofachbetriebe die Möglichkeit, für bestimmte Aufgaben innerhalb von zwei Wochen „Elektrotechnisch unterwiesene Personen“ (EuP) anzulernen.

Amany von Oehsen begleitet die Energiewende sowohl als Wissenschaftlerin wie auch als Energieberaterin im Nebenberuf. Sie sieht aktuell Licht und Schatten. PV auf Gebäuden sollte durch eine Anpassung der Einspeisevergütung besser gefördert werden, forderte sie. „Wir gehen auf den Acker, weil sich die PV auf der Fabrikhalle weniger lohnt“, bemerkte sie. Nachholbedarf sah sie auch bei der Energieeffizienz und bei der Gebäudedämmung.

Aktuell würden E-Fuels und Kernfusion diskutiert …, so Geißler.

„Es gibt schon lange Studien, die zeigen, dass es möglich ist zu hundert Prozent auf Erneuerbare Energien umzustellen, entgegnete die Wissenschaftlerin und machte zugleich deutlich, dass es mit den Klimazielen nicht vereinbar sei, in größerem Umfang Holz zu verbrennen: „Buchen brauchen 80 Jahre bis sie ‚erntereif‘ sind. Und wir wissen nicht, ob die Bäume in Zukunft noch nachwachsen.“

Die Energiewende sei von Enthusiasten beseelt, die sich ehrenamtlich engagieren, bemerkte Geißler und stellte Florian Oeß vor. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Bürgerenergiegenossenschaft Kraichgau sei Verfechter einer dezentral organisierten Energiewende, die von der Bürgerschaft getragen wird.

Der machte deutlich: „Es reicht nicht, nur die Energiequelle auszutauschen. Ich behaupte, dass wir in den Bürgerenergiegenossenschaften große Kompetenzen haben. Die Bürgerenergie ist sozial gerecht, für die Beschleunigung der Energiewende brauchen wir die Bürger.“

Geißler sprach den Wind über dem Neckargemünder Lammertskopf an, wo drei Bürgerenergiegenossenschaften und die Stadtwerke Heidelberg gemeinsam ein Bürgerwindpark-Projekt voranbringen wollen. Auch wenn Forst BW sich gegen eine Sondervergabe stellt, will das regionale Konsortium nicht aufgeben und sich an der regulären Ausschreibung der Staatsforstflächen beteiligen, berichtete Oeß und sagte: „Jetzt gilt es, die Daumen zu drücken!“

DISKUSSION

Lebhaft diskutiert wurde über die Heizungsumstellung auf erneuerbare Energien, die viele persönlich betrifft. Gebäudesanierung, Heizungsumstellung und Dämmung sind oft mit großem Aufwand und Investitionen verbunden. Finanziell Schwächere könnten das nicht leisten und müssten gezielt unterstützt werden.

Es brauche kommunale Wärmenetze und die Möglichkeit der Gemeinschaftswärmeerzeugung, da nicht jede Gasheizung durch eine Wärmepumpe ersetzt werden könne.

Aus Gründen des Klimaschutzes sollte die Förderung für Pelletheizungen gestrichen und stattdessen die von Wärmepumpen und Geothermie erhöht werden.

Weitere Fragen und Anregungen deckten ein breites Spektrum ab: Die Struktur des Netzes und sein Ausbau sollten auf die Dezentralisierung des Energiesystems abgestimmt werden. Smartmeter seien derzeit noch teuer und hätten, solange es keine flexiblen Tarife gibt, wenig Nutzen. Auch für die teuren Weiterbildungen für Handwerker sollte es Geld vom Staat geben.

Mit Anpassungen bei der Landesbauverordnung müssten Vorhaben wie Parkplatzüberdachungen erleichtert werden.

Angeregt wurden Beratungsstrukturen, besonders für ältere Menschen. Insgesamt sollte die Regierung wieder mehr erklären, warum sie etwas tut.

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Volles Haus beim Neujahrsempfang des Kreisverbands am 5. Februar

Reinhard Bütikofer MdEP und Beate Müller-Gemmeke MdB im Podiumsgespräch zu aktuellen Themen

Bis auf den letzten Platz mit Mitgliedern und Interessierten gefüllt ist der Saal im Kulturhaus Wiesloch beim Neujahrsempfang 2023 des Kreisverbands Odenwald-Kraichgau von Bündnis 90/ Die Grünen.

Im Rahmen ihrer Begrüßung geht Petra Groesser, Mitglied des Kreisvorstands auf die aktuelle politische Situation ein. Die mit dem Ukrainekrieg einhergehenden Veränderungen  und mitunter schwierigen politischen Entscheidungen in Berlin haben auch die Parteibasis stark bewegt .

Gabriela Lachenauer, Kai Jacob und Jürgen Kretz stellen sich den Anwesenden als neuer Vorstand des Ortsverbands Wiesloch von Bündnis 90/ Die Grünen vor. In seiner Rede gibt Jürgen Kretz einen kurzen Überblick zum Geschehen vor Ort und bekräftigt wie wichtig es sei, dass in diesen schwierigen Zeiten Grüne Ministerinnen und Minister in Berlin Verantwortung übernehmen.

Wieslochs Oberbürgermeister Dirk Elkemann spannt in seinem Grußwort  einen Bogen von aktuellen Themenfeldern der Europapolitik und Bundespolitik zu seinen persönlichen Hoffnungen und Wünschen für das neue Jahr.

Als Höhepunkt der Veranstaltung wird in der von Jürgen Kretz moderierten Podiumsdiskussion ein breiter Strauß an Themen diskutiert. Reinhard Bütikofer MdEP als anerkannter Experte für Außenpolitik informiert über aktuelle Fragestellungen und Entscheidungen im Europaparlament und legt seine Einschätzung zur aktuellen Situation und der Zusammenarbeit  innerhalb der EU und zum Verhältnis mit China und den USA dar.

Beate Müller-Gemmeke MdB berichtete über aktuelle Initiativen und Projekte im Bundestag zur Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Im Kontext der Diskussionen zum Bürgergeld mahnt sie eine sachliche Diskussion über Inhalte statt teils populistischer Äußerungen an. Insgesamt hat die Ampel-Koalition in 2022 mehr als 100 Gesetze im Bundestag verabschiedet, viele davon auch zur Abmilderung der Folgen des Ukrainekriegs  wie etwa die Gaspreisbremse. Auf der Agenda steht eine Reihe weiterer Projekte wie die Kindergrundsicherung und neue Regelungen zur beruflichen Weiterbildung.

Die zahlreichen und vielfältigen Fragen aus dem Publikum  vom Fachkräftemangel, über die Möglichkeiten des Ausbaus von erneuerbaren Energien bis hin zu Panzerlieferungen an die Ukraine zeigen das große Interesse am Austausch und der Einschätzung der Expert*innen.

In der anschließenden Pause werden die Gespräche mit den Referent*innen  fortgesetzt. Auch die Landespolitik kommt hierbei keineswegs zu kurz. Mit den Landtagsabgeordneten im Kreisverband Norbert Knopf und Hermino Katzenstein werden  aktuelle Fragestellungen vor Ort besprochen. 

Nach den Ehrungen für langjährige Mitgliedschaften bei Bündnis 90/ Die Grünen und dem Dank an die Referent*innen  klingt ein rundum gelungener Neujahrsempfang mit Live Musik durch die „KleinRaumBand“ , bei Speisen, Getränken und vielen interessanten Gesprächen langsam aus.  

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Mehr Tierwohl in der Landwirtschaft, Veranstaltung 29.1.

Breite Debatte zu einem drängenden Thema

06.02.21 –

Maximal 15 bis 30 Kilogramm Fleisch im Jahr empfehlen Gesundheitsexperten. Im Schnitt kommen in Deutschland aber 60 Kilo Fleisch und Wurst pro Person auf den Tisch. Billig und viel lautet die Devise. Das Tierwohl bleibt dabei häufig auf der Strecke. Dabei gibt auch viele, die sich vegetarisch ernähren oder komplett auf tierische Produkte verzichten. Er selbst habe vor etwas mehr als einem Jahr entschieden, zu 95 Prozent vegan zu leben, verrät Norbert Knopf, Landtagskandidat der Grünen im Wahlkreis Wiesloch.

Um beim Thema Tierschutz in der Landwirtschaft ganz verschiedene Positionen abzubilden hat er die Tierärztin, Autorin und frühere Landesbeauftragte für Tierschutz, Dr. Cornelie Jäger, den Vorsitzenden des Kreisbauernverbandes Rhein-Neckar Wolfgang Guckert und die Initiative Vegan in Wiesloch (und Umgebung) eingeladen.

Tierhalter, Handel und Verbraucher in der Pflicht

Cornelie Jäger kritisiert das Preisdumping im Lebensmitteleinzelhandel und fordert eine tiergerechtere Haltung. Fleisch finde sich als Aktionsware meist ganz oben auf den Prospekten der Supermärkte. Bei der privaten „Initiative Tierwohl“ zur Fleischkennzeichnung zahlen die Mitgliedssupermärkte pro verkauftem Kilo Fleisch oder Wurst eine Abgabe. „Die Idee ist grundsätzlich nicht falsch, aber man denkt es zu klein. 6 Cent sind einfach zu wenig“, sagt die Tierärztin.

Tiere brauchen Platz, um sich bewegen zu können und Luft zum Atmen. Schweine sind intelligente Tiere und brauchen eine anregende Umgebung, nennt sie ein Beispiel. Damit die Branche den erforderlichen tierwohlgerechten Umbau der Ställe finanzieren kann, plädiert Jäger für eine massive Ausweitung der Umlage auf 37 Cent/kg für Fleisch und 6 Cent/kg für Milch. Wie bei Käfigeiern bereits gelungen sollte der Handel zudem bestimmte Produkte auslisten.

Verbraucher*innen sollten sich beim Kauf und Konsum von Fleisch nicht nur vom Preis, sondern von den Ansprüchen an tiergerechtere Haltung leiten lassen.

Puten und Masthähne sind auf extrem schnelles Wachstum, Kühe auf hohe Milchleistung gezüchtet. „Die hochgezüchteten Tiere führen ein kurzes und belastetes Leben“, weiß die Tierärztin.

‚Snuten und Poten‘

Statt weiter auf Hochleistung zu setzen regt sie an, die Zuchtziele zu korrigieren und auch Zweinutzungsrassen wiederzuentdecken.

Was sie stört ist die Inkonsequenz vieler Fleischesser aber auch Vegetarier. So beobachtet sie, dass Leute kurzgebratene Edelstücke wie Koteletts und Lendchen essen, aber schon mit einem Suppenfleisch nichts mehr anzufangen wissen. Ihre große Familie hatte im Herbst im Schwarzwald ein Achtel Weideochse gekauft, ein männliches Kalb einer Zweinutzungsrasse aus dem Bestand der Grünen Landtagsabgeordneten Martina Braun. Die Tiere werden sorgfältig aufgezogen, transportiert und im Nachbartal geschlachtet. Die Kälber von schwarzbunten Milchkühen dagegen sind nichts wert und gehen teils schon mit zwei Wochen auf den strapaziösen Transport nach Spanien oder Holland.

Jäger hatte vom Schwarzwaldhof einen ganzen Eimer Weideochsen-Knochen mitgenommen und an andere verteilt, die daraus Brühe machen wollten. Ihr Mann sei Norddeutscher gewesen und habe noch von dem Gericht Snuten un Poten (Plattdeutsch für ‚Schnauzen und Pfoten‘) erzählt. „Und wenn ich Eier esse, dann muss ich wenigstens ab und zu auch ein Suppenhuhn essen“, ist ihre persönliche Überzeugung. Die vegane Ernährung hält sie in dieser Hinsicht übrigens für konsequenter als die vegetarische. 

Nur Pflanzen auf dem Teller?

Seit Anfang 2016 veranstaltet Vegan in Wiesloch (und Umgebung) regelmäßig vegane Schlemmer-Treffs. Für Tanja Schättler hat das Thema viel mit Achtsamkeit zu tun. Sie ernährt sich schon seit 2005 vegan und kam aus gesundheitlichen Gründen dazu. Zu der Zeit war das noch etwas Exotisches, es gab nur eine einzige Website über das Thema, berichtet sie.

Leid vermeiden und ihren CO2-Fußabdruck klein halten will Axinja Elser. Ihre Küche sei kreativer geworden und sie habe einen besseren Geschmackssinn entwickelt. Es geht darum, gemeinsam Spaß zu haben, zu genießen und zu zeigen, so schwer ist es nicht, sich pflanzlich zu ernähren, erklären beide.

Sind Kühe Klimakiller?

Die Tierhaltung führt weltweit zu hohen Treibhausgas-Emissionen und der Anbau von Futterpflanzen nimmt viel Fläche in Anspruch. Für Cornelie Jäger sind vor allem Wiederkäuer wie Rinder, Schafe und Ziegen dennoch nicht zwangsläufig Klimakiller, denn sie können eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von wertvollem Grasland und bei der Humusbildung spielen.

Statt Kohlendioxid in irgendwelche Kavernen zu pressen sollten die natürlichen Kapazitäten des Bodens genutzt werden, sagt sie. Humus gilt als wichtiger CO2- und Wasserspeicher, 1 Tonne Humus bindet 2 Tonnen Kohlendioxid. Durch Humusbildung lässt sich die Speicherkapazität des Bodens für Wasser und CO2 deutlich erhöhen. Dagegen werden bei der Herstellung von Kunstdünger große Mengen Treibhausgase frei. 

Die besten CO2-Speicher sind bekanntlich Moore und Feuchtgebiete. Der Wasserüberschuss führt zu Sauerstoffmangel im Boden und verhindert den vollständigen Abbau der pflanzlichen Reste. Aber auch der Humusgehalt von Dauergrünland ist hoch, höher als der von Waldböden und deutlich höher als der von Ackerflächen, betont die Expertin. Das liege daran, dass bei der Bodenbearbeitung Luft an den Humus kommt und er sich dadurch schneller zersetzt.

Verbessern lässt sich der Boden durch den Anbau von Klee-Grasgemischen als Tierfutter. Ideal sei es, den Festmist aus der Tierhaltung zusammen mit Komposten einzuarbeiten. „Aber da braucht es viele Muckis dazu, oder passende Technik“, so Jäger.

Region auf gutem Weg

Wolfgang Guckert hat im Mannheimer Norden einen konventionellen Ackerbaubetrieb mit Schweinehaltung. Die Schweine haben Zweiraumbuchten, können im Stroh wühlen und werden mit Hand gefüttert. Auf seinem Biobetrieb im Odenwald hält er Mutterkühe, die vom April bis November auf der Weide stehen. In beiden Betrieben komme nur Festmist zum Einsatz. Der Bauernvertreter macht aber auch deutlich, dass er sich die hohen Standards nur leisten kann, weil er die Möglichkeit hat, sein Fleisch im Mannheimer Hofladen direkt zu vermarkten.

Auch der Verbraucher müsse mitziehen, betont er. In Untersuchungen, bei denen Leute vor Supermärkten befragt und das Kaufverhalten beobachtet wurde, stellte sich Vieles als Lippenbekenntnis heraus.

In der Region ist man auf einem guten Weg, macht Guckert klar. Der Anteil an Grünland steigt seit 20 Jahren, auch sei Baden-Württemberg das einzige Bundesland, in dem die Stickstoffbelastung im Grundwasser — wenn auch langsam – sinkt. Der ehemalige Landwirtschaftsministers Gerhard Weiser habe mit Umweltauflagen viel für den Wasserschutz und eine schonende Bodenbearbeitung erreicht. Im Land gebe es keine Massentierhaltung, aber Familienbetriebe, die ihre Tiere und deren Gesundheitsstatus gut kennen.

Man darf nicht vergessen, dass der Handel Fleisch aus Norddeutschland — Tönnies lässt grüßen — auch in Baden-Württemberg verkauft und die Probleme auch noch ins Ausland exportiert, gibt Norbert Knopf zu denken.

Nachfrage nach regionalem Bio fördern

Das Biodiversitätsstärkungsgesetz, das aus der Bienen-Initiative entstanden war, sieht vor, dass bis zum Jahr 2030 der Anteil der ökologischen Landwirtschaft auf 30 bis 40 Prozent erhöht wird. Damit es sich für Höfe lohnt, auf Bio umzustellen muss aber auch die Nachfrage deutlich steigen. Daher wollen die Grünen, dass in öffentlichen Kantinen mehr regionale Bioprodukte auf den Tisch kommen. In ihrem Wahlprogramm setzen sie hierfür ein Zeichen: Die landeseigenen Kantinen und Mensen sollen auf regionale Kost umstellen und hier den Bio-Anteil auf 30 Prozent bis 2025 und auf 100 Prozent bis 2030 steigern. Auch für dieses Ziel will sich Norbert Knopf im Landtag stark machen.

Jürgen Kretz MdB Wahlkreis Rhein Neckar

Wahlkreis Sinsheim

Wahlkreis Wiesloch

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