Es ist höchste Zeit

Beim Klimaschutz hakt es an der Umsetzung – laut Klimaexperte Thomas Hirsch sind auch die Kommunen und jeder Einzelne gefragt

08.12.18 –

Beim Klimaschutz hakt es an der Umsetzung – laut Klimaexperte Thomas Hirsch sind auch die Kommunen und jeder Einzelne gefragt

Rauenberg. Unmittelbar vor dem Weltklimagipfel im polnischen Katowice spricht der Klimaexperte Thomas Hirsch im ‚Alten Kino‘ in Rauenberg zum Thema ‚Klimaschutz und Risikovorsorge in der Kommune‘ auf. Eingeladen haben der Kreisverband Odenwald-Kraichgau und die Grünen Rauenberg. Deren Initiative vor Ort diskutiert aktuell über Themen zur Kommunalwahl.  Als Ansprechpartner wurde Manuel Steidel zu Beginn kurz vorgestellt.

Moderator Rolf Gramm weist auf den Sonderbericht des Weltklimarates IPCC hin, wonach eine globale Erwärmung um 2 Grad zu weit schwereren Folgen als bisher angenommen führen würde. Der IPCC fordert daher, die Erderwärmung auf höchstens 1,5 Grad zu begrenzen. „Wir wissen ziemlich genau was passiert und was notwendig wäre, doch wir schaffen es nicht die notwendigen Konsequenzen zu ziehen“, stellt Gramm fest.

Nach dem Motto ‚Global denken, lokal handeln‘ geht Referent Thomas Hirsch zunächst auf die Themen der aktuellen Klimakonferenz ein. Seit Beginn der 80er Jahre wird es auf der Erde stetig wärmer, die vergangenen drei Jahre waren die heißesten, die je gemessen wurden. Da sich die Pole noch stärker erwärmen, verringert sich der Temperaturunterschied, die Zirkulation mit einem Wechsel von Hoch- und Tiefdruckgebieten gerät ins Stocken und es kommt zu stationären Wetterlagen. Das war diesen Sommer auch in Deutschland deutlich zu spüren. In warmen Regionen wie dem Kraichgau und dem Oberrheingraben könnte laut Prognosen das Thermometer künftig an 30 Tagen im Jahr über 30 Grad steigen.

Der Referent übt Kritik am einstigen Klimavorreiter. In Deutschland wird um „Kleckerlesbeträge“ gestritten und die EU bei ambitionierteren Klimazielen ausgebremst, sagt er. Statt der notwendigen 8 Gigawatt Erneuerbare Energien werden politisch gewollt nur 6,5 Gigawatt zugebaut. Tatsächlich sind die Treibhausgasemissionen in Deutschland in den vergangenen Jahren wieder angestiegen.

Doch was ist zu tun? Hirsch zählt auf: So schnell wie möglich vom hohen Kohlesockel herunterkommen, Gebäude fünfmal schneller energetisch sanieren als bisher, klimabewusst investieren. Das beste Steuerungsinstrument werde bisher viel zu wenig genutzt: „Hätten wir einen Preis von 100 US-Dollar für eine Tonne CO2 würde das eine riesige Lenkungswirkung erzeugen.“

Bei der lokalen Umsetzung besonders wirkungsvoll sei die Nutzung von Nahwärme in Verbindung mit regionalen, regenerativen Energieträgern. Als Beispiel nennt der Klimaexperte ein von Kommunen und Bürgerschaft getragenes Projekt im Fichtelgebirge, das Holzpellets aus heimischen Rohstoffen nutzt. Um die Klimaziele noch zu erreichen hält er es für notwendig, endlich die Verkehrswende und die Agrarwende anzugehen. Auch die Forstwirtschaft spiele eine wichtige Rolle.

Klimaschutzkonzepte sollte man vom Ziel her denken, sagt Hirsch. Laut Europäischer Union heißt das: Treibhausgas-Emissionen sollen bis 2050 auf Null sinken. Die Kommunen sollten mit gutem Beispiel vorangehen, Anreize setzen, örtliche Betriebe an Bord holen und Strategien entwickeln wie sie ihren Klimaschutzplan 2050 erfüllen wollen. Zur Unterstützung gebe es zahlreiche Förderprogramme und Wettbewerbe.

„Städte und Unternehmen sind viel weiter als die Politik“, sagt Hirsch. Beim Städtebündnis für nachhaltige Entwicklung ICLEI könnte auch Rauenberg dabei sein und von der Stadt Heidelberg mit ihrer langen Tradition beim Klimaschutz, könne man sich einiges abgucken. Als Beispiel nennt er den Stromsparwettbewerb für Privathaushalte.

Doch der Experte hat auch ein weiteres wichtiges Thema im Blick: „Jede Kommune braucht eine Risikoanalyse.“ Dazu gehörten Frühwarnsysteme für Hochwasser oder Waldbrand. Auch die Beratung für die Bürger müsste ausgebaut werden. Neben dem Gebäudepass und der Erneuerung der Heizungspumpe könnte es auch um die persönliche Verkehrswende gehen, um den Umstieg auf Ökostrom oder um Konsumgewohnheiten wie häufigen Fleischkonsum. Um die Klimaziele zu erreiche müsste der durchschnittliche CO2-Fußabdruck in Deutschland von derzeit 8,5 Tonnen auf unter eine Tonne sinken.

Die vorhandenen Förderprogramme und Beratungsangebote für die Bürger, etwa durch die KliBA oder die KfW Bank könnten noch besser nachgefragt werden. Zur Frage der CO2-Bilanz von Rauenberg wurde von einer Teilnehmerin auf die Website des Landratsamtes verwiesen, wo die Bilanzen der teilnehmende Kreiskommunen eingesehen werden können. Als Treiber sieht Hirsch innovative Unternehmen, die Digitalisierung aber auch eine neue Einstellung bei den Bürgern. „Bei uns in der Straße wird man inzwischen gefragt: Was hast du mit deiner Solaranlage erwirtschaftet?“

Sabine Hebbelmann

Präsentation von Thomas Hirsch

Klimaschutz und Risikovorsorge als pdf

 

 

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