Mehr Tempo für die Energiewende: Wie geht es weiter im Bund und in der Region?

Bei der gut besuchten Podiumsdiskussion mit Franziska Brantner kamen viele Fragen und Anregungen zur Sprache

Das Thema Energiewende betrifft in besonderer Weise auch private Haushalte und Unternehmen. Als Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium ist die Heidelberger Bundestagabgeordnete Franziska Brantner ganz nah an den aktuell heiß diskutierten Themen dran. Und so wunderte es nicht, dass bei der Veranstaltung ‚Mehr Tempo für die Energiewende: Wie geht es weiter im Bund und in der Region?‘ das Martin-Luther-Haus in Neckargemünd rappelvoll wurde.

Eingeladen hatten der Kreisverband Odenwald Kraichgau von BÜNDNIS 90/ Die GRÜNEN und der Ortsverband Neckargemünd. Neben Franziska Brantner saßen auch Eva Rausch, Mitinhaberin eines Rauenberger Unternehmens für Gebäudetechnik, der Stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Bürgerenergiegenossenschaft Kraichgau Florian Oeß sowie Umweltphysikerin Amany von Oehsen auf dem Podium.

Als Moderator lockte Stefan Geißler, Kreisrat und Vorsitzender des Ortsverbandes Neckargemünd, die Podiumsgäste aus der Reserve und sorgte für einen lebhaften Austausch.

Mit „Franziska, wie geht es Dir?“ begrüßte er Staatssekretärin Franziska Brantner, die angesichts der aktuellen Herausforderungen den Ball aufnahm: „Es ist schon sehr viel im Augenblick“, räumte sie ein und lenkte den Blick auf ein Thema, das medial bisher nicht diskutiert wurde. „Wir haben viel Zeit mit der Digitalisierung der Energiewende verbracht und sehen, welchen Unterschied es macht“, sagte sie.

Ihr überfordert die kleinen Leute, sagten die einen, die anderen, es passiere noch nicht genug, so Geißler. Die Staatssekretärin verwies auf Übergangsfristen und sagte, man wolle niemanden zurücklassen und zeigen, dass Wohlstand und Klimaschutz zusammengehen.

Der Kreisrat sprach das schlechte Abschneiden Baden-Württembergs und insbesondere der Region beim Ausbau der Erneuerbaren Energien an, worauf Brantner auf die Vorreiter-Rolle in einer anderen „Disziplin“ verwies: „Bis Ende des Jahres müssen die großen Kommunen eine Wärmeplanung machen. Wir sind das erste Land, das erkannt hat, dass wir eine Wärmewende brauchen.“

Geißler wandte sich nun Eva Rausch zu und fragte sie nach der Stimmung in der Kundschaft. „Es gibt ganz viele, die wollen umstellen, aber rund ein Drittel fragt, wo kriege ich noch eine Ölheizung her“, berichtete sie. Auf die Frage, was sie der Staatssekretärin gern mitgeben würde, äußerte die Praktikerin: „Ich würde mir stressfreiere Anmeldungen von Anlagen wünschen. Im Umkreis von 50 Kilometern gibt es bis zu sieben Netzbetreiber. Da müssen noch Papierausdrucke händisch unterzeichnet und per Mail verschickt werden. Es wäre schön, wenn das einheitlich liefe.“

Zu den über 900 Netzbetreibern zählten vor allem kommunale Stadtwerke. „Das ist eine große Stärke. Aber hier sieht man auch die Grenzen des Föderalismus“, sagte Brantner und versicherte: „Wir versuchen, eine gemeinsame Plattform zu eröffnen.“

Angesichts des Mangels an Fachkräften wünschte sich Rausch eine leichtere Anerkennung gleichwertiger Abschlüsse aus dem Ausland. „Wenn von zehn Punkten zwei fehlen, sollten sie nachgeholt werden können und nicht die ganze Ausbildung von vorn begonnen werden müssen.“

Stefan Geißler berichtete, dass die Unternehmerin und er versuchten, im Kreis dem Fachkräftemangel im Photovoltaik-Bereich mit einer Fortbildung zu begegnen. Grundsätzlich gebe es für Elektrofachbetriebe die Möglichkeit, für bestimmte Aufgaben innerhalb von zwei Wochen „Elektrotechnisch unterwiesene Personen“ (EuP) anzulernen.

Amany von Oehsen begleitet die Energiewende sowohl als Wissenschaftlerin wie auch als Energieberaterin im Nebenberuf. Sie sieht aktuell Licht und Schatten. PV auf Gebäuden sollte durch eine Anpassung der Einspeisevergütung besser gefördert werden, forderte sie. „Wir gehen auf den Acker, weil sich die PV auf der Fabrikhalle weniger lohnt“, bemerkte sie. Nachholbedarf sah sie auch bei der Energieeffizienz und bei der Gebäudedämmung.

Aktuell würden E-Fuels und Kernfusion diskutiert …, so Geißler.

„Es gibt schon lange Studien, die zeigen, dass es möglich ist zu hundert Prozent auf Erneuerbare Energien umzustellen, entgegnete die Wissenschaftlerin und machte zugleich deutlich, dass es mit den Klimazielen nicht vereinbar sei, in größerem Umfang Holz zu verbrennen: „Buchen brauchen 80 Jahre bis sie ‚erntereif‘ sind. Und wir wissen nicht, ob die Bäume in Zukunft noch nachwachsen.“

Die Energiewende sei von Enthusiasten beseelt, die sich ehrenamtlich engagieren, bemerkte Geißler und stellte Florian Oeß vor. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Bürgerenergiegenossenschaft Kraichgau sei Verfechter einer dezentral organisierten Energiewende, die von der Bürgerschaft getragen wird.

Der machte deutlich: „Es reicht nicht, nur die Energiequelle auszutauschen. Ich behaupte, dass wir in den Bürgerenergiegenossenschaften große Kompetenzen haben. Die Bürgerenergie ist sozial gerecht, für die Beschleunigung der Energiewende brauchen wir die Bürger.“

Geißler sprach den Wind über dem Neckargemünder Lammertskopf an, wo drei Bürgerenergiegenossenschaften und die Stadtwerke Heidelberg gemeinsam ein Bürgerwindpark-Projekt voranbringen wollen. Auch wenn Forst BW sich gegen eine Sondervergabe stellt, will das regionale Konsortium nicht aufgeben und sich an der regulären Ausschreibung der Staatsforstflächen beteiligen, berichtete Oeß und sagte: „Jetzt gilt es, die Daumen zu drücken!“

DISKUSSION

Lebhaft diskutiert wurde über die Heizungsumstellung auf erneuerbare Energien, die viele persönlich betrifft. Gebäudesanierung, Heizungsumstellung und Dämmung sind oft mit großem Aufwand und Investitionen verbunden. Finanziell Schwächere könnten das nicht leisten und müssten gezielt unterstützt werden.

Es brauche kommunale Wärmenetze und die Möglichkeit der Gemeinschaftswärmeerzeugung, da nicht jede Gasheizung durch eine Wärmepumpe ersetzt werden könne.

Aus Gründen des Klimaschutzes sollte die Förderung für Pelletheizungen gestrichen und stattdessen die von Wärmepumpen und Geothermie erhöht werden.

Weitere Fragen und Anregungen deckten ein breites Spektrum ab: Die Struktur des Netzes und sein Ausbau sollten auf die Dezentralisierung des Energiesystems abgestimmt werden. Smartmeter seien derzeit noch teuer und hätten, solange es keine flexiblen Tarife gibt, wenig Nutzen. Auch für die teuren Weiterbildungen für Handwerker sollte es Geld vom Staat geben.

Mit Anpassungen bei der Landesbauverordnung müssten Vorhaben wie Parkplatzüberdachungen erleichtert werden.

Angeregt wurden Beratungsstrukturen, besonders für ältere Menschen. Insgesamt sollte die Regierung wieder mehr erklären, warum sie etwas tut.

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Volles Haus beim Neujahrsempfang des Kreisverbands am 5. Februar

Reinhard Bütikofer MdEP und Beate Müller-Gemmeke MdB im Podiumsgespräch zu aktuellen Themen

Bis auf den letzten Platz mit Mitgliedern und Interessierten gefüllt ist der Saal im Kulturhaus Wiesloch beim Neujahrsempfang 2023 des Kreisverbands Odenwald-Kraichgau von Bündnis 90/ Die Grünen.

Im Rahmen ihrer Begrüßung geht Petra Groesser, Mitglied des Kreisvorstands auf die aktuelle politische Situation ein. Die mit dem Ukrainekrieg einhergehenden Veränderungen  und mitunter schwierigen politischen Entscheidungen in Berlin haben auch die Parteibasis stark bewegt .

Gabriela Lachenauer, Kai Jacob und Jürgen Kretz stellen sich den Anwesenden als neuer Vorstand des Ortsverbands Wiesloch von Bündnis 90/ Die Grünen vor. In seiner Rede gibt Jürgen Kretz einen kurzen Überblick zum Geschehen vor Ort und bekräftigt wie wichtig es sei, dass in diesen schwierigen Zeiten Grüne Ministerinnen und Minister in Berlin Verantwortung übernehmen.

Wieslochs OberbürgermeisterDirk Elkemann spannt in seinem Grußwort  einen Bogen von aktuellen Themenfeldern der Europapolitik und Bundespolitik zu seinen persönlichen Hoffnungen und Wünschen für das neue Jahr.

Als Höhepunkt der Veranstaltung wird in der von Jürgen Kretz moderierten Podiumsdiskussion ein breiter Strauß an Themen diskutiert. Reinhard Bütikofer MdEP als anerkannter Experte für Außenpolitik informiert über aktuelle Fragestellungen und Entscheidungen im Europaparlament und legt seine Einschätzung zur aktuellen Situation und der Zusammenarbeit  innerhalb der EU und zum Verhältnis mit China und den USA dar.

Beate Müller-Gemmeke MdB berichtete über aktuelle Initiativen und Projekte im Bundestag zur Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Im Kontext der Diskussionen zum Bürgergeld mahnt sie eine sachliche Diskussion über Inhalte statt teils populistischer Äußerungen an. Insgesamt hat die Ampel-Koalition in 2022 mehr als 100 Gesetze im Bundestag verabschiedet, viele davon auch zur Abmilderung der Folgen des Ukrainekriegs  wie etwa die Gaspreisbremse. Auf der Agenda steht eine Reihe weiterer Projekte wie die Kindergrundsicherung und neue Regelungen zur beruflichen Weiterbildung.

Die zahlreichen und vielfältigen Fragen aus dem Publikum  vom Fachkräftemangel, über die Möglichkeiten des Ausbaus von erneuerbaren Energien bis hin zu Panzerlieferungen an die Ukraine zeigen das große Interesse am Austausch und der Einschätzung der Expert*innen.

In der anschließenden Pause werden die Gespräche mit den Referent*innen  fortgesetzt. Auch die Landespolitik kommt hierbei keineswegs zu kurz. Mit den Landtagsabgeordneten im Kreisverband Norbert Knopf und Hermino Katzenstein werden  aktuelle Fragestellungen vor Ort besprochen. 

Nach den Ehrungen für langjährige Mitgliedschaften bei Bündnis 90/ Die Grünen und dem Dank an die Referent*innen  klingt ein rundum gelungener Neujahrsempfang mit Live Musik durch die „KleinRaumBand“ , bei Speisen, Getränken und vielen interessanten Gesprächen langsam aus.  

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Bürgerenergie als Chance für den Klimaschutz

Für eine konsequente Energiewende braucht es den politischen Willen

Während sich durch verschärfte Klimaziele der Druck erhöht, werden erneuerbare Energien immer preiswerter. Die nötigen Voraussetzungen schaffen und die Energiewende so schnell wie möglich umsetzen, dies ist für Norbert Knopf, Landtagskandidat der Grünen im Wahlkreis Wiesloch, das Gebot der Stunde. Bei einer digitalen Veranstaltung stellte er den Mannheimer Diplom-Volkswirt Daniel Bannasch vor, der 2006 mit Energie-Akteuren aus dem Rhein-Neckar-Raum einen Dachverband für erneuerbare Energien gründete, den Verein ‚MetropolSolar Rhein-Neckar‘.

„Es ist interessant Jemanden zu haben, der eine, manchmal radikal anmutende, aber sehr fundierte Vorstellung davon hat, wie man das Energiesystem auf 100 Prozent regenerative Energien umstellen kann, und das in einer Geschwindigkeit, wie es viele andere vermissen lassen“, sagte Knopf und schickte hinterher: „Und vor allem – das ist der zweite Aspekt – eine Energiewende, die nicht von Konzernen getragen wird, sondern von der Bevölkerung.“

Ginge es nach Daniel Bannasch, müsste das Thema lange nicht so kompliziert sein, wie es oft gemacht wird. Mit seinem Vortrag „Energiewende auf dem Bierdeckel“ ist der Mannheimer Diplom-Volkswirt seit Jahren auch bundesweit unterwegs und fordert für alle ein „Recht auf Sonne“.

Aus dem Amerikanischen übersetzt hat er das Buch „Saubere Revolution 2030“ von Tony Seba. Dieses sieht das Energie- und Verkehrssystem an der Schwelle zur Disruption. Treiber der Entwicklung seien exponentiell fallende Kosten bei Solaranlagen, Windrädern, Speichern, Elektro-Autos, Sensoren und Massendaten. Bannasch kennt die einschlägigen Studien und Zahlen. In seiner im Februar veröffentlichten Solarstrategie skizziert er den Weg zu 100 Prozent Erneuerbaren Energien bis 2030.

Norbert Knopf begrüßte auch Laura Zöckler, Mitglied im dreiköpfigen Vorstand der Heidelberger Energiegenossenschaft. Die Energieversorgung selbst in die Hand nehmen und demokratisieren – das ist für sie der Antrieb, sich ehrenamtlich in der Genossenschaft zu engagieren. Zöckler stellte verschiedene Beteiligungsmöglichkeiten vor und verwies auf die positive Entwicklung der Genossenschaft, die aus einem studentischen Projekt hervorgegangen ist. In diesem Jahr konnte die Genossenschaft die installierte Solarleistung gegenüber dem Vorjahr auf rund 3160 kWp mehr als verdoppeln.

Die Politikwissenschaftlerin engagiert sich auch bei den ‚Bürgerwerken‘, ein Verbund von derzeit 97 Energiegenossenschaften aus ganz Deutschland, zu denen in der Region neben der Heidelberger Energiegenossenschaft auch die Bürgerenergiegenossenschaften Leimen und Kraichgau (Sinsheim) gehören. Ein Bürgerstromprojekt wird gerade in Sandhausen angegangen. Man muss also nicht Hausbesitzer sein, um an der regionalen Energiewende teilzuhaben.

Für Daniel Bannasch ist die Sonne ein unerschöpfliches Energiereservoir, das derzeit noch überwiegend über komplizierte, teure und klimaschädliche Umwege, wie die fossilen Energien, genutzt wird. „Die Sonne, mein Modul und ich“, brachte er die einfache Formel auf den Punkt. Die nötigen Flächen seien vorhanden, rechnete er vor und erteilte der verbreiteten Aussage, Deutschland könne sich nicht erneuerbar selbst versorgen, eine klare Absage. Ausbaupotenzial sieht er auf zahllosen Gebäuden, Parkplätzen (Solarüberdachung, die das neue Klimaschutzgesetz in Baden-Württemberg vorsieht) sowie auf Flächen an Autobahnen, aber auch - zum Beispiel als weit effizientere Alternative zu Energiepflanzen - auf Agrarflächen. Dort ließe sich sogar doppelt ernten. In Baden-Württemberg wurden senkrecht stehende Solarmodule entwickelt, zwischen denen Landwirtschaft betrieben werden kann. „Die Zeit läuft uns davon, wir müssen auf Dinge setzen, die viral gehen können“, so Bannasch.

Als wichtiges Thema sieht er den Schwankungsausgleich. Elektroautos mit ihren leistungsfähigen Batteriespeichern ließen sich durch bidirektionales Laden noch besser als Speicher nutzen. „Das könnten wir nutzen, wenn die Politik es zulassen würde“, so Bannasch. Besonders wichtig sei, fossile Heizungen durch mit erneuerbarem Strom angetriebene Wärmepumpen zu ersetzen.

Als eine gute Ergänzung zum schwankenden Sonnenstrom bezeichnete er die Windkraft, die entsprechend ausgebaut werden sollte. Wir könnten schon seit ein paar Jahren Windstrom erzeugen, sagte Jens Thomson, der mit der Bürgerinitiative Windenergie für Eberbach gegen alle Widerstände für einen Bürgerwindpark auf dem Herbert kämpft. „Aber es geht voran, ich wird’s noch erleben.“

 

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