Rente mit 67 abschaffen?

Anlässlich parteiinterner Diskussionen zu sozialpolitischen Fragen, hatte der Kreisverband Odenwald-Kraichgau von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu einer öffentliche Podiumsdiskussion zur Frage: Rente mit 67 abschaffen? nach Neckargemünd in die „Alte Stadtkasse“ eingeladen.

24.12.12 –

Anlässlich parteiinterner Diskussionen zu sozialpolitischen Fragen hatte der Kreisverband Odenwald-Kraichgau von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu einer öffentliche Podiumsdiskussion zur Frage: Rente mit 67 abschaffen? nach Neckargemünd in die „Alte Stadtkasse“ eingeladen.

Rolf Gramm als Moderator zitierte zu Beginn aus dem Bundestagswahlprogramm der Grünen von 2009: „Wir werden prüfen, was wir tun können, damit die Rente mit 67 nicht bloß eine Rentensenkung durch die Hintertür ist.“

Biggi Bender, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag beschrieb die Ausgangssituation wie folgt: „Die Menschen leben nicht nur länger, sie bleiben auch länger gesund“. Dies müsse auch in einer längeren Erwerbstätigkeit genutzt werden. Viele wollten länger arbeiten. Auch der Fachkräftemangel wurde von Bender als Argument für die Anhebung des gesetzlichen Rentenalters genannt.

Norbert Johnen vom Arbeitgeberverband Südwestmetall stimmte  mit der Position von Biggi Bender in Vielem überein. Ergänzend machte er deutlich, dass im Bereich der Metall-Arbeitgeber angestrebt werde, die Arbeit über 60 zum Normalfall zu machen. Bisher sei in der Branche das Ausscheiden aus dem Berufsleben mit 55 die Regel.

„Die Rente sollte ein System sein, das die Menschen vor Altersarmut schützt, statt dessen droht sich die Spaltung im Alter zu verschärfen“, so Beate Müller-Gemmeke, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der grünen BT-Fraktion.

Trotz vieler statistischer Zahlen in der Diskussion wurde spürbar, wie schwer es ist die Wirklichkeit von Menschen mit Durchschnittswerten darzustellen. Zu unterschiedlich und  gravierend die Auswirkungen für große Teile der Bevölkerung in den unterschiedlichen Branchen, zu individuell die Lebenssituationen im Einzelfall.

Müller-Gemmeke beschrieb insbesondere ihre Sorge um Geringverdiener: Im Zuge der Krisen der letzten Jahre habe die Zahl der Beschäftigten im prekären Bereich massiv zugenommen. Auch wer will habe hier kaum eine Chance eine Festanstellung mit ausreichender Bezahlung zu bekommen, geschweige denn mit einem langfristigen Arbeitsvertrag.

Übereinstimmung gibt es bei den Grünen in der Forderung nach einer Garantierente, um langjährige Beschäftigte so abzusichern, dass sie wenigstens über dem durchschnittlichen Grundsicherungsniveau liegen. Ebenso unstrittig ist das Konzept, die Rentenversicherung zu einer Bürgerversicherung zu entwickeln, in die alle Erwachsenen unabhängig vom Erwerbsstatus mit Beiträgen auf alle Einkommen einzahlen.

Dies wurde auf dem Podium auch ausdrücklich von der Gewerkschaftsvertreterin unterstützt. Sehr klar formulierte Mia Lindemann von verdi zum Thema des Abends:
„Rente mit 67 ist nicht notwendig, die Produktivität einer Gesellschaft ist das Wesentliche. Es geht um eine politische Entscheidung, die sich nicht zahlenmäßig aus demografischen Entwicklungen ableiten lässt.“

In der Diskussion wurde deutlich, dass es vorrangig darum gehen muss, die Arbeitsmöglichkeiten für Ältere auch wirklich zu schaffen. Bei Arbeitsplatzgestaltung, Weiterbildungsmaßnahmen, Teilzeitstellen, Gesundheitsvorsorge am Arbeitsplatz müssten die nötigen Voraussetzungen geschaffen werden, um ältere Arbeitnehmer länger im Berufsleben zu halten. Hier sei  auch zu berücksichtigen, dass psychische Belastungen in der Arbeitswelt zunehmend steigen.

Lindemann führte als Beispiel aus dem Jahr 2008 an, dass 24 % der Schlosser und Mechaniker mit 51,4 Jahre vorzeitig in Rente gingen. Dies bedeute Abschläge von 105,- € monatlich, was einen Gesamtverlust von durchschnittlich 25 000 € pro Person bedeutet, die im Rentenalter weniger gezahlt wird.

Die Rente mit 67 würde für viele, die früher ausscheiden, zu einer Minderung ihres Rentenanspruchs führen. Solange die Arbeitsmöglichkeiten also nicht entsprechend gegeben sind, müsse zumindest für vielseitig begründete Fälle ein früheres Ausscheiden bei vollem Rentenanspruch möglich sein. Flexiblere Modelle müssten hierzu entwickelt werden, formulierte Müller-Gemmeke die Mindestforderung für Korrekturen der bestehenden Gesetzeslage.

Viel Unterstützung fand die Forderung, dass die vollen Bezüge bei 45-jähriger Renteneinzahlung gewährleistet bleiben müssen, unabhängig vom Lebensalter des Rentenbeginns. Auch gesundheitsbedingtes Ausscheiden vor Erreichen des gesetzlichen Rentenalters dürfe nicht zu finanziellen Einbußen führen, war mehrfach zu hören. Dass die Menschen auch selbst mitreden wollen, ob sie sich mit 65 noch arbeitsfähig fühlen, wurde an der Publikums-Frage deutlich, welche Art von „Renten-TÜV“ das denn beurteilen solle.

Die Fragwürdigkeit der Rente mit 67 wurde angesichts einer  von beiden Seiten bestätigten Zahl deutlich: „Nur knapp 10 % der 64jährigen stehen in sozialversicherungspflichtiger Arbeit“ so der Moderator Rolf Gramm. Die Verschiebung des gesetzlichen Renteneintritts-Alters führe daher für den Großteil der Bevölkerung zu einer Rentensenkung.

Positionspapiere zu Rente mit 67

Rente mit 67 abschaffen?

Podium mit Vertreterinnen der grünen Bundestagsfraktion, Gewerkschaft Verdi und Arbeitgeberverband Südwestmetall 

Mittwoch 20. Juni 2012 Beginn 19:30 Uhr 
„Alte Stadtkasse“, Hauptstr. 24, 69151 Neckargemünd

Zur Rente mit 67 gibt es bei Bündnis 90/Die Grünen unterschiedliche Auffassungen. Die einen halten sie für eine Rentensenkung durch die Hintertür, die anderen sehen sie angesichts der demografischen Entwicklung als Notwendigkeit, wollen aber ebenfalls die Bedingungen ändern, unter denen in Rente gegangen werden kann. Einig ist man sich, dass es im Alter eine Garantierente geben soll und dass das Rentensystem solidarisch in einer Bürgerversicherung organisiert werden muss.

Voraussichtlich Ende des Jahres wird auf dem Bundesparteitag über die Frage entschieden, mit welchen Forderungen die Grünen in den Bundestagswahlkampf gehen werden.

Podiumsgäste: 
die beiden grünen Bundestagsabgeordneten Beate Müller-Gemmeke(Sprecherin für Arbeitnehmerrechte, Vorsitzende GewerkschaftsGrün) und Birgitt Bender (gesundheitspolitische Sprecherin). 
Die Heidelberger Verdi-Gewerkschaftssekretärin Mia Lindeman
der Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Südwestmetall Rhein-Neckar Norbert Johnen

Wir erwarten eine lebhafte und fachlich kompetente Debatte. Die Bevölkerung ist herzlich eingeladen!

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