Wohnen im Mittelpunkt

Landtagsabgeordnete Susanne Bay erläuterte in Sinsheim die Wohnraumoffensive des Landes

08.11.18 –

(heb) Passender Wohnraum zu bezahlbaren Preisen, das ist gerade ein Top Thema und stand auch bei der Landesdelegiertenkonferenz der Grünen in Konstanz ganz oben auf der Tagesordnung. Susanne Bay, Sprecherin für Bauen und Wohnen der Grünen-Landtagsfraktion, gab auf Einladung des Kreisverbands Odenwald-Kraichgau und des Ortsverbands der Grünen Sinsheim einen Überblick über den aktuellen Stand und vor allem über den Handlungsbedarf in Sachen Wohnungspolitik.

Die Wohnkosten im Ländle seien innerhalb von zehn Jahren um 28 Prozent gestiegen. Dabei spielten auch die Baupreise eine zunehmend bedeutende Rolle. Die jüngsten Zahlen bezeichnete sie als „Statistik des Grauens“: Im August 2018 sei gegenüber dem August 2017 eine Kostensteigerung beim Wohnungsbau von 4,6 Prozent zu verzeichnen.

Die Wohnungsbaulücke in Baden-Württemberg bezifferte Bay auf 88.000 Wohnungen. Bis 2020 müssten 65.000 Wohnungen pro Jahr neu geschaffen werden, ab 2021 immerhin noch 54.000 Wohnungen. Zudem fehlten schon heute 220.000 altersgerechte Wohnungen.

Lange Zeit habe die Politik dem Markt gehuldigt und die Wohnraumförderung vernachlässigt. „Das hat sich als Trugschluss herausgestellt“, so Bay. Sie machte deutlich, dass in den kommenden Jahren zahlreiche Sozialbindungen auslaufen werden. Die Schwierigkeiten, eine bezahlbare Wohnung zu finden, reichten bis weit in die Mittelschicht (Polizist und Krankenschwester etwa). Die Grenze für einen Wohnberechtigungsschein (für geförderten nicht für sozialen Wohnraum) liege bei einer vierköpfigen Familie inzwischen bei 65.400 Euro.

Die Landesregierung habe das Problem erkannt, sagte Bay und erläuterte: „Gleich zu Beginn der Legislatur wurde mit der Wohnraumallianz ein breiter Beteiligungsprozess in Gang gesetzt. Heraus kam das Förderprogramm Wohnraum BW 2017, das verbesserte Nachfolgeprogramm zu dem in der alten Legislatur. Da war man nämlich schon unter grün-rot wieder eingestiegen in die Wohnraumförderung.“ Das Programmvolumen beträgt 250 Millionen Euro, davon gehen über 180 Millionen Euro in die Mietwohnraumförderung. Die maximale Belegungsbindung wurde auf 30 Jahre erhöht und alle Bedarfsgruppen haben den gleichen Zugang zum Programm. Zur flexiblen Bestimmung der Höhe der Sozialmiete wird ein Sozialmietabschlag auf die jeweilige ortsübliche Vergleichsmiete zwischen 20 und 40 Prozent möglich. Für Kommunen gibt es eine Prämie von 2.000 Euro für jede geförderte Mietwohnung. Das Sozialministerium werde mit Beteiligten eine Konzeption zum Förderbedarf neuer Wohnformen zur Unterstützung älterer und pflegebedürftiger Menschen sowie Menschen mit Behinderungen erarbeiten.

Eine Fläche von fünf bis sieben Fußballfelder pro Tag wird in Baden-Württemberg verbaut. Doch wie gelingt der Spagat zwischen mehr Wohnungen und weniger Flächenverbrauch; wie der zwischen bezahlbarem Wohnen und hohen Qualitätsstandards?

Nur Einfamilienhäuser am Ortsrand – das wird nicht funktionieren, machte Bay deutlich. Derzeit werde ein Bodenfonds Baden-Württemberg aufgelegt. Dieser soll Kommunen und ihre gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften beim Kauf von Grundstücken unterstützen, ihnen beim Erwerb und der Aufstockung bestehender Wohngebäude helfen und den Neu- und Umbau für mehr Barrierefreiheit vorantreiben. Nicht mehr nur wer am meisten bietet soll beim Wohnungsbau zum Zuge kommen. Die Kommune kann mittels Konzeptvergabe auch bestimmen, wer das passendste Konzept für ihre Zwecke hat. In kleinen Kommunen wird auch interkommunale Zusammenarbeit ermöglicht.

Um innerorts Flächen für den Wohnungsbau zu gewinnen wird im Rahmen des Programms auch der Einsatz kommunaler Flächenmanager gefördert. Neue Regelungen gibt es etwa für hochgeschossige Holzbauten, serielles und modulares Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen, Standards für Barrierefreiheit und Aufstockungen im Bestand.

Ihr Fraktionskollege Hermino Katzenstein habe sich für den Verbleib der Fahrradstellplätze in der Landesbauordnung stark gemacht. Bei Neubauten sei die Mobilität der Zukunft flexibel und bedarfsgerecht verwirklicht. Der konkrete Bedarf nach Fahrrad- und KfZ-Stellplätze werde jeweils durch die Fachbehörden beurteilt. Die Regelung zur Begrünung, zunächst als ‚Efeu-Paragraph‘ belächelt, sei durch den Hitzesommer bestätigt worden. „Wir waren froh um jeden Grashalm auf einem Dach.“

Vom Bund fordert Bay, sich gegen so genannte Share Deals stark zu machen. Mit Hilfe dieser Steuerschlupflöcher können finanzstarke Investoren die Grunderwerbsteuer systematisch umgehen, während Häuslebauer zur Kasse gebeten werden.

Sie begrüßt, dass im Koalitionsvertrag eine ‚Grundsteuer C‘ vereinbart wurde. Um unbebaute Grundstücke im Ortskern der Bebauung zuführen, sollen Brachflächen höher besteuert werden können. Das Baukindergeld dagegen helfe nicht bei der Schaffung bezahlbaren Mietwohnraumbaus, betonte Bay und schickte hinterher: „Das ist quasi die Eigenheimzulage reloaded, und die hat man auch bewusst abgeschafft.“

Gefragt wurde sie nach dem hohen Flächenverbrauch von Gewerbegebieten, warum die Mietpreisbremse bei möblierten Wohnungen nicht greift und wie nach der Familienphase der Umstieg von großen auf kleinere Wohnungen erleichtert werden kann. Ferner ging es um ein ‚Leerstandsmobilisierungsprogramm‘, um die Einflussmöglichkeiten der Kommune auf die Sozialquote und darum, dass auch in Neckargemünd ein Zweckentfremdungsverbot nötig wäre.

Thema war auch der Ende 2019 auslaufende Paragraph 13b, also die Einbeziehung von Außenbereichsflächen in das beschleunigte Verfahren sowie das von grün-rot eingeführte Plausibilitätsgebot. Demnach muss eine Kommune nachweisen, warum sie die Ausweisung eines Neubaugebietes für nötig hält.

 

 

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