Gemeinden zu sicheren Häfen machen

06.03.20 –

Bei der Veranstaltung in Meckesheim mit Mia Lindemann als Vertreterin der "Seebrücke" Heidelberg bestand kein Zweifel: Seenotrettung muss selbstverständlich sein. Und noch viel mehr.

Von der biblischen Zeit bis ins heutige Amerika - Städte, die Flüchtlinge aufnehmen gab es schon immer. Zum Thema "sichere Häfen" sprach die Historikerin und ehemalige verdi-Gewerkschaftsaktive Mia Lindemann auf Einladung des Kreisverbandes Odenwald-Kraichgau der GRÜNEN und des Freundeskreises Asyl Meckesheim.

Bei Lindemanns Ausführungen wurde spürbar, dass es der menschlichen Gesellschaft ein ureigenes Bedürfnis, sozusagen eine zivile Verpflichtung ist, Menschen auf der Flucht einen sicheren Ort zu bieten.

2005 wurde in Italien die Idee der SOLIDARISCHEN STÄDTE als europaweites Netzwerk begründet. Die direkte Flüchtlingsaufnahme durch Kommunen in Deutschland stößt an formale Hindernisse, vor allem das Aufenthaltsgesetz. Der Handlungsspielraum der Kommunen ist eingeschränkt, aber sie haben Gestaltungsmöglichkeiten. Das kommunale Selbstbestimmungsrecht erlaube den Gemeinden über die vom Land zugewiesenen Aufgaben hinaus, selbst zu bestimmen, welche Aufgaben sie freiwillig wahrnehmen möchten. „Flüchtlingsschutz ist Teil des Schutzes von Menschenrechten, der eine Querschnittsaufgabe aller politischen Ebenen darstellt.“

Diese Idee wird auch von der zivilgesellschaftliche Initiative der SEEBRÜCKE verfolgt, die die SEENOTRETTUNG unterstützt. Daraus entstand die Bereitschaft vieler Städte und Gemeinden sich mit einer entsprechenden Abstimmung im Gemeinderat zu „SICHEREN HÄFEN“ zu erklären.

Die Verteilung der Flüchtlinge in Europa muss schnell umgesetzt werden. Die katastrophalen und lebensbedrohlichen Umstände für die Menschen auf der Flucht, sind auch mit dem Verweis auf das Dublin-Abkommen nicht zu verantworten. Die Regelung, dass Asylverfahren von den Staaten an den Außengrenzen Europas durchgeführt werden, d.h. vor allem in Italien und Griechenland, scheint die mitteleuropäischen Staaten formal aus der Verantwortung zu nehmen. Doch dem ist nicht so, ganz Europa ist in der Pflicht.

Die Abschottung Europas, der EU-Türkei-Deal, die Bürgerkriege in Afghanistan und Syrien, die vielfältigen Fluchtursachen auch in Afrika, all das sind Hintergründe der grauenvollen Situation der Geflüchteten, auch in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln.

Es gab (und gibt) die Bereitschaft von Kommunen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus den griechischen Lagern aufzunehmen, sie wurden vom Bundesministerium des Innern, Bau und Heimat unter Horst Seehofer abgelehnt.

Die Länder könnten Landesaufnahmeprogramme auflegen. Baden-Württemberg hat dies genutzt, als es vor einigen Jahren Jesidinnen aus dem Irak aufnahm. Allerdings seien die Möglichkeiten der Landesbehörden bei weitem nicht ausgeschöpft.

Lindemann bedauerte, dass im Januar im Bundestag ein Antrag der Linken auf Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen aus griechischen Lagern von CDU/CSU und SPD abgelehnt wurde. Auch ein Antrag der Grünen zur Aufnahme von schutzbedürftigen Geflüchteten habe als Antrag der Opposition im Bundestag keine Chance auf Mehrheit (so kam es, der Antrag wurde inzwischen abgelehnt). Ihre Kritik an fraktions- bzw. koalitionsgebundenem Abstimmungsverhalten richtete sich in gleicher Weise an die Regierungsfraktionen im Landtag.

Doch die Seebrücke Heidelberg lässt nicht locker und hat kürzlich in einem Brief an Landtagsabgeordnete der Region die Forderung erhoben, sich für Landesaufnahmeprogramme für unbegleitete Minderjährige oder für besonders Schutzbedürftige aus griechischen Lagern einzusetzen. Und sie fordert, eine Bundesratsinitiative zu unterstützen, die es Landesbehörden erleichtern soll, aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

Auch die Gemeinden sollten Zeichen setzen und ihre Bereitschaft erklären, über die Zahl der ihnen Zugewiesenen hinaus, Geflüchtete aufzunehmen. Es sei nicht notwendig, dass die Kommune dazu eine Selbstverpflichtung zur Übernahme der Kosten des Lebensunterhalts der Geflüchteten übernehmen müsste.Es wäre Aufgabe der übergreifenden Organisationen wie des Städtetags, dazu eine Regelung durchzusetzen, die die Kommunen nicht extra belastet.

Die anwesenden Mitglieder des Freundeskreis Asyl in Meckesheim waren nach der anregenden Diskussion umso mehr enttäuscht über das Vorgehen in Meckesheim. Kurz vor der Veranstaltung erfuhr der Vorstand, dass der Gemeinderat einen Beschluss gefasst hat, die Idee der sicheren Häfen NICHT zu unterstützen. Obwohl der Asylkreis diese Veranstaltung auch zur Information für die Entscheidungsträger*innen der Gemeinde angeboten hatte, was vom Bürgermeister Ende 2019 noch ausdrücklich begrüßt wurde.

Alle Anwesenden waren sich einig, dass es – neben der unmittelbaren Unterstützung der Hilfesuchenden vor Ort - mehr Druck auf die Politik braucht und dazu mehr Sichtbarkeit. Deshalb wollen sich auch die Meckesheimer*innen an der Rettungskette am 16. Mai beteiligen.

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